Die IEB Care hat am Chiemsee den Neubau eines modernen Seniorenheims realisiert. Ein extra in den Zimmern verbauter Sensorboden soll Stürze verhindern.

Am Chiemsee im bayrischen Voralpenland hat die IEB Care GmbH & Co.KG aus Übersee ein Modellprojekt für moderne Pflege entwickelt. Das Ziel war, ein Seniorenheim für 99 Bewohnerinnen und Bewohner nach modernsten Maßstäben zu entwickeln.

Gemeinsam mit der Investorin Christi Lauterbach und dem Betreiber Senioren Service-Reif haben wir im Vorfeld intensiv diskutiert, wie wir den Neubau „Traunwinkl“ konzipieren müssen, damit dort eine zukunftsfähige Pflegeeinrichtung entsteht.

Dabei haben wir uns von Fragen leiten lassen, die den Betreibern Sorgen machen: Wie können sie ausreichend Personal gewinnen und halten? Womit könnten sie junge Arbeitnehmer für den Beruf und speziell für die Traunreuter Einrichtung begeistern? Wie kann man die psychische Belastung reduzieren? Nur Betriebe, die auf diese Fragen eine Antwort finden, werden langfristig rentabel wirtschaften können.

Deswegen waren die bewährten arbeitsverbessernden Maßnahmen wie rückenschonende Arbeitshilfsmittel, großzügige Dienstzimmer und ein Wohngruppenkonzept uns noch nicht weit genug gedacht. Wir setzen auf umfassendere Veränderungen im Pflegealltag und investieren großflächig in ein intelligentes Assistenzsystem.

Unterstützung für Pflegekräfte
Assistenzsysteme für die Pflege gibt es viele. Sie arbeiten mit unterschiedlichen Sensortechniken und werden an Decke, Wand, Bett oder im Fußboden angebracht. Egal an welcher Stelle sie sitzen und welche Sensortechnik sie verwenden, nur ganzheitliche Systeme kombinieren alle wichtigen Informationen: Sie bewerten die Situation in den Bewohnerzimmern und geben automatisch Rückmeldung an das Personal. Sturzalarm, Benachrichtigung bei nächtlichem Aufstehen oder Demenzflucht sind die typischen Einsatzzwecke. Durch sofortige Alarmierungen kann das System schnelle Hilfe im Notfall garantieren. Zusätzlich senken präventive Warnungen die Sturzhäufigkeit. Insgesamt sind die Bewohner bei besserer Gesundheit und können selbständiger leben. Ihr Wohlbefinden ist höher.

Ein solches Sensorsystem hat alle Stationen rund um die Uhr im Blick. Mitarbeitende können sich in Ruhe auf eine Aufgabe konzentrieren. Kritische Situationen in anderen Zimmern meldet ihnen das System. Im Nachtdienst können sie sich die heute üblichen Zusatz-Kontrollgänge bei sturzgefährdeten Bewohnern sparen. Das sind spürbare Erleichterungen, die vor allem die psychische Arbeitsbelastung senken können.

In Traunreut haben wir uns für SensFloor Care entschieden. Das System ist bereits über zehn Jahre am Markt. Die Alarme sind durch den Einbau der Sensorik in den Fußboden besonders verlässlich. Die skalierbaren Funktionalitäten, das übersichtlich gehaltene Stationsterminal und die offenen Schnittstellen passen perfekt in das Konzept der Pflegeheim-Betreiber. Die Sensoren sind für die Bewohnerinnen und Bewohner nicht zu sehen und nehmen kein Bild auf. Das Zimmer bleibt ein privater Wohlfühlort.

Änderungen im Bauablauf
Die Integration des Sensorsystems in den Fußboden hat den gesamten Bauablauf etwas geändert. Das Sensorvlies wirkt wie eine zusätzliche Trittschalldämmung. Bodenbelag und Bodenaufbau müssen entsprechend angepasst werden. Resteindrücke, die durch schwere Möbelstücke auf dem nun weicheren Boden entstehen könnten, müssen wir auf jeden Fall vermeiden. Im Traunwinkl wurde deswegen ein moderner Klickbelag gewählt, der die Last schwerer Möbelstücke oder auch der Pflegebetten verteilt.

Die Integration der neuen Technik hat auch das Zusammenspiel der Gewerke beeinflusst. Die verschiedenen Handwerker am Bau mussten sich enger abstimmen, damit die Arbeiten reibungslos ineinandergriffen. Sobald sie SensFloor verlegt hatten, mussten sie möglichst zügig den Klickbelag installieren, um Verschmutzungen des sensiblen Sensorsystems zu vermeiden. Im Endeffekt hat das Zusammenspiel aller Beteiligten gut geklappt. Die Installation in den schmalen Bädern war allerdings aufwendig und zeitintensiv. Denn wir müssen den Sensfloor durch eine Epoxidharzabdichtung vor Feuchtigkeit schützen. Für die nächsten Pflegeheim-Projekte möchten wir solche kleinen Flächen bereits beim Hersteller komplett in einem Stück vorfertigen lassen.

Dadurch sparen wir auf der Baustelle Zeit und vermeiden umständliches Verlegen auf engem Raum.

Die Investitionssumme für das Projekt belief sich auf insgesamt knapp 21 Millionen Euro bei einer Bauzeit von zwei Jahren. Die Ausstattung eines Zimmers samt angrenzendem Bad kostet etwa 5.000 Euro. Dazu kommt noch ein erhöhter baulicher Aufwand für umfangreichere Abdichtungsmaßnahmen, den speziellen Bodenbelag sowie Elektrotechnik von rund 2.000 Euro.

Das Ergebnis
Wir haben SensFloor in allen Zimmern und Bädern der 99 Bewohnerinnen und Bewohner eingebaut. Die automatisch generierten Alarme und Benachrichtigungen stimmen die Mitarbeitenden nun für jedes Zimmer individuell auf den Gesundheitszustand der dort lebenden Seniorinnen und Senioren ab. Das System erkennt alle Arten von Stürzen zuverlässig und löst sofort einen Alarm aus. Verlässt nachts jemand das Bett, schaltet der Sensorboden zur Sturzprävention automatisch ein
Orientierungslicht ein.
Besonders die Nachtschicht profitiert von der Übersichtlichkeit des Stationsterminals. Sie bemerkt, wenn ein sturzgefährdeter Bewohner aufsteht und kann gezielt in diesem Zimmer vorbeischauen. Das reduziert wiederum die Sturzhäufigkeit stark. Das vermeidet unnötige Störungen und die Schlafqualität steigt.
Nach und nach beziehen die Bewohnerinnen und Bewohner nun alle Zimmer. Die Eröffnung war im April 2024, inzwischen ist das Haus zu 50 Prozent belegt. Der Betreiber des Pflegeheims freut sich, dass er durch das Assistenzsystem den Teamgeist im Haus stärken kann. Denn die Pflegekräfte können sich zum Schichtwechsel entspannt bei einer Tasse Kaffee austauschen. Über ein Tablet haben sie trotzdem alle Stationen im Blick. Ein Forschungsprojekt zweier deutscher Hochschulen wird das Objekt in den nächsten zwei Jahren begleiten, um zu untersuchen, ob das System tatsächlich Stürze verhindern kann.
Die Autoren
Florian und Sebastian Behrend sind Geschäftsführer der IEB Care